Orgelpost 3 / April 2021
Einiges über die Organisten – und wie man sein solcher wird
„Zu allen großen Vorzügen des Organisten müssen noch unentbehrliche physische Vollkommenheiten hinzukommen. Seine Faust muss stark sein und ausnehmend viel Schnellkraft besitzen. Dazu werden starke Nerven erfordert, eine weitgriffige Hand und Füße fast mit Tanzfertigkeit begabt.
(Christian Friedrich Daniel Schubart 1806)
„Studiere die Natur, sie ist die Mutter der Kunst. Der Charakter des Orgelspiels ist Kraft, Herzlichkeit, Würde, feierlicher Ernst, Majestät – wo können wir wohl richtigere, tiefere Eindrücke des Einfachen, Großen, Erhabenen erhalten, als von der Betrachtung der Natur?
(Johann Christian Kittel 1801)
Wie man die Orgel spielen sollte; überhaupt und vor allem in der Kirche
„Oft wird ein Werk nicht so gebraucht, wie es sein sollte. So ist der Organist häufig ungeschickt, er spielt unvernünftig, indem er heftig und mit Gewalt vorgeht, das eine oder andere Register zu stark zieht und zerbricht. Es würde einem solchen Organisten besser anstehen, wenn er schlafen oder Holz hacken wollte, statt Orgel zu spielen.“ (Arnold Schlick 1511) „Lasset uns das Werk nicht zu eitler Ergötzung und eitler Ohrenbelustigung, sondern zur Aufmunterung des inwendigen Menschen, zur Vermehrung geistlicher Andacht, zur Erweckung des Geistes, Gemütes und Herzens anhören und gebrauchen.“
(Samuel Roscher 1686)
Vom Wert und von der Wirkung der Orgel
„Jeder Orgelton ist ein Eimer, der niedersteigt in das Herz der Andächtigen und die Seele emporhebt zum Altare Gottes.“
(Peter Rosegger 1928)
Kuriosa und Seltsamkeiten
„Eine rechte Jungfrau soll sein und muss sein wie eine Orgel; sobald diese ein wenig angetastet wird, so schreit sie.“
(Abraham a Sancta Clara 1688)
„Zu der neuen hübschen Orgel, die sie mit vielen Kosten erbaut haben führt eine dunkle enge Hühnerstiege hinauf, ohne Fenster, mit einem Stricke an der Seite zum Anhalten, wo man sich an 17 Stellen den Hals brechen kann; und auf mein Befragen sagte der Pfarrer, das hätten sie absichtlich so gelassen, damit nicht ein jeder aus der Kirche auf die Orgel laufen könne.“
(Felix Mendelssohn Bartholdy, Reisebriefe)
„In einigen Orgeln befindet sich ein Register, welches der Fuchsschwanz heißt. Der Zweck dieses Zuges ist: Leuten, die nichts bei der Orgel zu suchen haben, sich aber doch über dieselbe meistern, einen kleinen Schreck einzujagen. Zieht nämlich ein Naseweis das betreffende Register, so springt ihm mit einem Male ein tüchtiger Fuchsschwanz ins Gesicht.
(Johann Julius Seidel 1844)
Literarisches
„Gott ist ein Organist, wir sind sein Orgelwerk, sein Geist bläst jedem ein und gibt zum Ton die Stärk.“
(Angelus Silesius, Der Cherubinische Wandersmann)
(Zitate entnommen: Hans Haselböck, Vom Glanz und Elend der Orgel 1999)
Lassen Sie sich doch einmal anregen, selbst dem Stichwort Orgel nachzugehen. Stöbern Sie in Ihren Musiksammlungen und Büchern. Vielleicht legen Sie für einige Zeit eine Orgelsammlung an. Hören und lesen Sie, wie vielfältig Klang und Geschichte eines einzigartigen Instrumentes sind. Das Jahr 2021 bietet in herausgehobener Weise die Möglichkeit, einen Teil davon kennenzulernen.
Herzliche Grüße! Ihr Stephan Paul Audersch, Kantor